Post by OSWorX » Mon Sep 02, 2019 6:18 pm

Mehrmals im Monat erreichen mich tw. verzweifelte Hilfeansuchen von Shopbetreibern.
Der Grund ist immer derselbe: stümperhafte Arbeiten und Verarsche .. oder schlicht Betrug!

Stümperhafte Arbeiten
Oftmals wird diesen Kunden von einer Agentur oder einem Webdesigner alles mögliche versprochen.
Der Kunde selber kann schlecht beurteilen ob diese 'Versprechen' auch der Wahrheit entsprechen!
Sie möchten nur in einem absehbarem Zeitrahmen einen funktionierenden Webshop sehen.

Nun aber ist es leider Tatsache, dass es gerade deutsche Agenturen verstehen, dermassen falsche und unrichtige Zusagen zu machen.
Vielmehr noch, oftmals wird für einen geringen 4-stelligen Eurobetrag etwas zugesagt, das nie erreicht werden kann.
Das nennt man vorsätzlichen Betrug.

Verarsche
Zusätzlich kommt dann der Punkt - oftmals nach vielen Wochen oder sogar Monaten - dass diese Agentur / der Webdesigner Nachforderungen stellt.
Diese betragen meist ebenfalls bis zu mehreren tausend Euro.
Das nennt man (arglistige/vorsätzliche) Täuschung.

Viel schlimmer aber als diese angeführten Punkte, ist die Tatsache, dass eben diese Agenturen / diese Webdesigner absolut keine Ahnung von Recht und Gesetzen haben.
Was Grundpreise, Buttonlösung, Double-Opt-In, verpflichtende Versandkosten, Preisauszeichnung und vieles mehr sind, ist für diese zumeist ein Fremdwort.
Und wenn teilweise umgesetzt, dann oftmals falsch.
Der Kunde wird darauf auch nicht darauf aufmerksam gemacht.
Das nennt man einen Verstoß gegen die Haftung / Gewährleistung.

Was hat nun ein Kunde davon?
Abgesehen dass die o.a. Punkte alle gesetzeswidrig bzw. nach dem Gesetz zu bestrafen sind, verliert der Kunde auch oftmals sein Geld - da meistens schon hohe (An)Zahlungen geleistet wurden.

Wirklich?
Nein!
Denn hier greift die Haftungs- und Gewährleistungspflicht - welche in der gesamten EU gilt.
Diese besagt (u.a.) dass die Agentur / der Webdesigner haftbar ist.

Haftbar auch für nachträgliche Verstöße und Abmahnungen nach Fertigstellung.
Z.B. wegen
fehlender/mangelnder Preisauszeichnung,
fehlende/falsche Buttonlösung
fehlendes/falsches Impressum
fehlende/falsche Datenschutzerklärung
unrichtige/falsche Einbindung/Verwendung der Share Buttons (siehe dazu Forum hier bzgl. Rechtsurteil)

Ein Klassiker immer wieder ist die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Materialien (Bild, Ton, Text).

Bekommt nun ein Kunde welcher sich seinen Webshop von einer Agentur / einem Webdesigner erstellen ließ eine Abmahnung, kann er diese an die Agentur / den Webdesigner weitergeben.
Denn diese / dieser ist dafür haftbar

>> Gilt nicht (mehr), wenn nach Fertigstellung der Arbeiten der Shopinhaber selber diese Änderungen gemacht hat (siehe schriftliches und Abnahmeprotokoll bzw. Bestätigung über Ende der Arbeiten)

Was kann nun ein potentieller Webshopinhaber welcher entweder neu beginnen oder seinen alten Webshop aktualisieren möchte, tun?

Zunächst einmal erkundigen, erkundigen, erkundigen.
So viel wie möglich über den potentiellen Auftragnehmer in Erfahrung zu bringen.
Hier noch mehr als welche Erfahrungen und Umsetzungen mit OpenCart bereits gemacht wurden.

Nach Referenzprojekten fragen.
Genaues Leistungsverzeichnis mit Fristen vereinbaren.
Keine Zahlung ohne Gegenleistung erbringen.

Jedoch üblich ist es eine Anzahlung auf die - vorher - vereinbarte Gesamtprojektsumme zu leisten.

Mein Tipp: Inder, Pakistani, Chinesen mögen nett und freundlich sein.
Sie mögen auch noch dazu sehr günstig sein (habe schon Stundensätze um die 5,- Euro gesehen).
Aber (!!), was hat man von Nettigkeit, Freundlichkeit und wenig Geld (wenn es letztendlich dann wirklich so wenig ist), wenn der Webshop danach nicht funktioniert?
Oder - noch schlimmer - rechtsmässig gegen alles verstößt was aktuell umgesetzt werden muss.

Glaube kaum, dass diese Personen oder/und Firmen in Indien, Pakistan, China, Russland irgendwas von sich hören lassen wenn der Shopinhaber Probleme bekommt (technischer und/oder rechtlicher Natur).
Im Gegenteil - das Geld ist futsch!
Noch mehr: die Strafen sind alle brav zu bezahlen, der Webshop eventuell dann von einer qualifizierten europäischen Firma um ein Vielfaches zu reparieren / neu zu erstellen.
Unterm Strich kosten solche Aktionen meist das 3- bis 12-fache des geplanten Budgets.

Was kann ein Kunde machen, wenn die Agentur / der Webdesigner vereinbarte Fristen nicht einhält?
Nachfrist setzen!
Ganz klar und schriftlich dem Auftragnehmer eine Nachfrist setzen (mit angemessenem Zeitraum zur Nachbesserung) und dabei auch die möglichen Folgen anführen (z.B. fristlose Kündigung, Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge).

Unter B2B (von Kaufmann zu Kaufmann) gelten andere Regeln als wenn Endkonsumenten betroffen sind (wobei hier in Europa Endkonsumenten keine Webshops betreiben können da fast immer ein Gewerbeschein benötigt wird).
So können hier auch abweichende oder spezielle Verträge abgeschlossen werden (kein Konsumentenschutzgesetz, aber nicht Verstoßend gegen gute Sitten).

Was kann ein Kunde machen wenn die Agentur / der Webdesigner auf (weitere) Zahlungen besteht?
Er braucht nichts zu unternehmen - siehe Leistungsverzeichnis oben!
Und er braucht auch nichts zu bezahlen, denn es wurde schon alles vorab vereinbart.

Was aber wenn es kein Leistungsverzeichnis / keine Vereinbarung gibt?
Dann kann es auch darauf hinauslaufen wer die besseren Argumente und/oder Beweise (z.B. Schriftverkehr - auch Emails) hat.

An dieser Stelle daher auch mein Tipp aus der Praxis: telefonisch und/oder persönlich ist ja gut & schön.
Hat aber im Streitfall keinerlei Beweiskraft.
Wie heisst es so schön:
nur schriftliches zählt!
Abschliessend noch ein - sehr wichtiger - Punkt.
Agenturen und Webdesigner möchten oftmals ebenso Geld sparen, aber dem Kunden viel abknöpfen!
Und dann werden sowohl kommerzielle Vorlagen als auch Erweiterungen kopiert und eingesetzt was das Zeug hält.
So muss ich immer wieder sehen, dass ein und dasselbe Modul von derselben Agentur mehrmals in verschiedenen, von einander unabhängigen Kundenshops installiert wurde.
Da ich sehr viele Erweiterungen (und von diesen die wichtigsten Entwicklern diese selbst kenne), sehe ich das sofort.
Das hier ist rechtlich sehr relevant und kann auch für den Shopbetreiber/-inhaber selbst strafbar sein.
Das ist Betrug.

Abschließender Tipp (sehe ich leider auch immer wieder).
Wurden individuelle Arbieten in Auftrag gegeben (Vorlage, Module wie z.B. Bezahlart oder Lieferart, Datenabruf von externen Anbietern), immer (!!) die vollständigen, nicht verschlüsselten Scripte aushändigen lassen!
Und wurden für die Arbeiten am Shop externe Module zugekauft/erworben, dann immer die Originaldateien verlangen und aushändigen lassen!

Wäre es eine seriöse Agentur / ein Webdesigner, würde sie/er so etwas von sich aus tun.
Denn, Inhaber bzw. Besitzer oder Lizenznehmer dieser erworbenen Erweiterungen ist der Shopinhaber - nicht die Agentur / der Webdesigner!

Das letzte negative Beispiel dazu ist eine große bekannte, deutsche Webagentur, welche wiederum einen ausländischen Dienstleister (Inder, Pakistani) mit der Arbeit betraut hatte.
Mit diesen Arbeiten wurden auch Scripte aus einem Einbruch bei einem der weltweit größten Provider (Frühjahr 2019) eingesetzt.
Nachdem der Zugang zum Server für diese Agentur geschlossen wurde, meinte man dort auf Nachfrage dass man von den Individualarbeiten keine Kopien hätte .. es wäre alles am Kundenserver.
Na klar . .wer's glaubt wird selig ..

Mehr zu dieser Thematik von den Rechtsanwälten von erecht24: https://www.e-recht24.de/artikel/haftun ... igner.html

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Post by kimbosa » Thu Oct 01, 2020 5:02 pm

Danke für diese Infos, hatte vor kurzem diesbezüglich auch einigen Ärger. Eventuell hilft das auch noch dem ein oder anderen als Ergänzung: Rechtliches zu Dienstleistungen (auch Webdesign) -> Artikel

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